lost takes

15. Februar 2017

live and dangerous

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„der weiße schriftzug auf schwarzem grund ziert insbesondere die oberbekleidung von musikern, genauer: von saiteninstrumentlern. thin lizzy – die t-shirt-band für mucker und modebewusste? hierzulande ist da vielleicht sogar etwas dran. nicht nur in ihrer heimat irland gehören sie dagegen bereits seit ihren folkigeren anfangsjahren mit stücken wie „whiskey in the jar“ zum musikalischem inventar. in der oberstufe bekam ich von einem mitschüler das album „live and dangerous“ zugesteckt, das innerhalb von drei jahren bis 1978 aufgenommen wurde. damit hielt ich unversehens das highlight der bandgeschichte in händen. es übertrumpfte die rausgeputzt klingenden studio-alben – unabhängig von deren songmaterial – in sachen dynamik und vitalität um längen. wie viele overdubs den konzertmitschnitten verpasst wurden, ist allerdings nicht zweifelsfrei überliefert. auch an den publikumsreaktionen soll im nachhinein geschraubt worden sein. die platte kam deshalb zur rechten zeit, weil sie mit 17 hard- und blues-rock nummern ein veritables best-of abgibt. alle hits waren geschrieben und „live and dangerous“ bildete den schlussakkord des klassischen line-ups lynott-downey-gorham-robertson. es rückten die 80er jahre näher und thin lizzys musikalischer ansatz fiel langsam aus der zeit.“

2. Januar 2017

workingman’s dead

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„2016 war ein trauriges jahr für die pop-musik.“ wenn es einen satz gab, auf den sich alle feuilletonist/innen bereits mitte des letzten jahres einigen konnten, dann war es dieser – d’accord! richtig traurig wurde es für mich aber erst am heiligen abend: richard parfitt, malocher im dienste des ewigen boogie und held meiner kindheit und jugend, verstarb. mit seinem harten riffing kreierte er wesentlich den sound mit, der status quo in den 70er jahren des vorigen jahrhunderts zu einer instanz im hard-rock zirkus machte. wenn es nun in einem nachruf heißt, dass parfitt „langjähriger gitarrist von status quo“ gewesen sei, frage ich mich wieder einmal, über wie viele generationen bandnamen weitervererbt werden sollten. ich schlage zumindest eine umbenennung in status quo ante vor. howling bye, bye, bye, bye rick parfitt.“

22. Dezember 2016

this is hip

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„wie beiläufig setzt er ein. ein paar worte hier, ein paar worte da. so als will er bloß sagen: „das klingt gut, leute!“ am 16. juni 2001 wurde ich in einer tv-dokumentation auf john lee hooker aufmerksam – vom baumwollfeld ins showbiz war die story. und ganze fünf tage später vermeldete die tageszeitung den tod der blues-legende. in einem paderborner musikladen erstand ich ein „greatest hits“ album mit aufnahmen aus dem beachtlichen spätwerk des us-amerikaners. anders als johnny cash, der in den 90er jahren ebenfalls musikalisch noch einmal fahrt aufnahm, legte hooker mit wechselnden musikern auch allerhand eigene hit-singles noch einmal neu auf. neben der grundsoliden instrumentierung machte hookers unkonventioneller gesangsstil auch nach sieben dekaden im showbiz den unterschied. eigentlich sprach er vielmehr, wiederholte gerne, reimte jedoch selten. überrascht ob so viel spielfreude nutzen die kritiker die gelegenheit und warfen hooker schnell noch ein paar auszeichnungen hinterher. „the healer“, „mr. lucky“, „boom boom“, „chill out“ und „don’t look back“ – auch wir sind der meinung: this is hip.“

18. Oktober 2016

zum neunzigsten

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„von wegen sweet little sixteen, heute wird chuck berry 90. oklahoma-od veröffentlicht zu diesem anlass erstmals eine geburtstagsmitteilung. verdientermaßen, denn beim musiker aus st. louis handelt es sich wahrlich um eine lebende legende der populären musikgeschichte: unzählige künstler imitierten seinen stil und sein repertoire auf den weitläufigsten bühnen und in den kleinsten garagen. sein größter hit wurde von der nasa ins weltall geschossen und im jahr 1986 gehörte er zu den ersten mitgliedern der rock ’n‘ roll hall of fame. er mag besagtes musik-genre nicht erfunden haben, mit seinem damaligen partner johnnie johnson kultivierte er es in den 1950er jahren aber wie niemand vor oder nach ihm. und gab es in der pop-musikgeschichte je etwas subversiveres als das gitarrenspiel auf einer nummer wie „roll over beethoven“? eher nicht. ich hatte einst das vergnügen, chuck berry mit jugendlichen 79 jahren im kongress saal der halle münsterland zu erleben. wie immer ließ er sich von lokalen künstlern als backing-band begleiten. seine tochter verabschiedete sich nach einer 10-minütigen mundharmonika-einlage ins sauerstoffzelt hinter der bühne. und als berry zum nächsten entengang ansetzte, gab jemand am anderen ende des multifunktionsraums ein paar bockwürstchen an einem konferenztisch aus. mehr rock ’n‘ roll geht nicht. sein geburtstagsständchen spielt sich der jubilar heute mal am besten gleich selbst.“

28. Juni 2016

just a few roots, replanted

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„mit meinem ersten rock-musik konsum verbinde ich neben den doppel-cds „let’s have a party“ mit thomas „thommy“ gottschalks konterfei vor allem deep purples „in rock“ von 1970. sobald die band beim opener nach viel getöse und einer harmonischeren orgel-passage einsetzte, sprang ich zusammen mit dem nachbarsjungen von einem gut gefederten holzstuhl: „speed king, see me fly“ oder so. damals wurden in deutschland die fünfstelligen postleitzahlen eingeführt. von deep purples großem live-album hörte ich erst einige jahre später durch einen schon leicht ergrauten nachbarn im straßenfest-zelt: „made in japan, wa!?“ rief er bei den klängen von „smoke on the water“ und schwang die luft-gitarre. über den versandhandel gelangte die platte zu mir in die kleinstadt. im fernsehen lief gerade ein hallentennis-turnier mit anke huber, als ich den konzertmitschnitt von 1972 erstmals auflegte und deep durple mit einem furiosen „highway star“ loslegten. anschließend eine nicht weniger rasante darbietung von „child in time“ um das klassische orgelmotiv von jon lord. bei „smoke on the water“ – komischerweise nicht die variante aus dem bierzelt – rätselte ich: hatte sich gitarrist ritchie blackmore etwa extra „verspielt“? natürlich hatte er das! ian paice ist bis heute einer meiner lieblings-schlagzeuger, doch die minutenlangen schlagzeugsoli der 70er jahre waren nie meins. da bildet auch „the mule“ keine ausnahme. bei „strange kind of woman“ schreit sänger ian gillan die gitarre an – und die kreischt zurück. mit „lazy“ folgt ein weiterer beleg für das brillante zusammenspiel des quintetts, welches bassist roger glover komplettierte. „space truckin'“ wird schließlich um ein arrangement ergänzt, das auch die imitation einer laufenden kreissäge nicht ausspart. ich habe zwar beinahe alle lieder von „in rock“ vermisst. dafür wurde „made in japan“ gerade noch rechtzeitig aufgenommen, bevor sich die bandmitglieder in die haare bekamen und mehrfache umbesetzungen die spielfreude schwinden ließen. einen stuhl, bitte!“