lost takes

7. Februar 2016

it’s a bomber

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„als ich diesen text über den verstorbenen lemmy kilmister vor mich hin tippte, galt es, das haus wegen der entschärfung einer fliegerbombe in der nachbarschaft zu verlassen. „ach was“, dachte ich. doch der reihe nach: kilmister, kopf der band motörhead, war im rock-zirkus bekannt als saufender gentleman und knurriger charakterkopf. außerdem – und sehr viel interessanter – komponierte er reichlich erstklassige lieder, die sich irgendwo zwischen heavy-rock, metal, punk und blues bewegten, doch stets unter dem label „rock ’n‘ roll“ an die leute gebracht wurden. unter den vielen alben ist – achtung mainstream-meinung! – sicherlich das berüchtigte „ace of spades“ von 1980 hervorzuheben. und zwar, weil es einfach eine prise pfiffiger als die anderen klingt und in der populären musikgeschichte eines der seltenen werke ist, auf dem wirklich jeder song so stark ist wie der vorherige und der nächste. der sound wurde dann in den 90er jahren mit neuer besetzung zuhörends härter. was sich nicht änderte war allerdings die relevanz, die motörhead für ihre musik beanspruchten. in nostalgische „remember the good old times“-formate für ergraute oberstudienräte ließ sich kilmister auch nach 40-jähriger (!) bandgeschichte bis zuletzt nicht pressen. noch zwei wochen vor seinem tod hieß es in einem konzertbericht: „die band mag alt sein, man merkt es ihr aber nicht an.“ es wurden zwar schon etliche motörhead-parolen in den nachrufen bemüht, wie wäre es aber aus aktuellem anlass abschließend noch mit dieser: „you know we do it right, a mission every night – it’s a bomber, it’s a bomber, it’s a bomber!“

4. November 2015

baby, won’t you be my lady?

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„es gibt einen nachschlag im grassierenden soul revival. nach den bereits auf oklahoma – od’s outtakes genannten charles bradley, michael kiwanuka oder curtis harding legte in diesem sommer der texaner leon bridges sein erstes album bei einem bekannten label vor. die zehn für columbia produzierten lieder zeichnen sich streckenweise durch eine recht detailversessene adaption des 50er und 60er jahre-souls aus: hier doo-wop-gesang, da blechblasinstrumente und stets eine portion nachhall. etwas moderner sind auf „coming home“ nur die saiteninstrumente abgemischt. vom künstler erfahren wir: er liebt seine mutter und die frauen im allgemeinen. die strapaziertesten begriffe lauten in dieser reihenfolge: „baby“, „girl“, „she“, „darling“ und „lady“ (etwa als reim auf „baby“). einziger echter wermutstropfen: die produzenten schielten offenbar auch auf die lärmenden tanzflächen dieser welt – das album ist entsprechend am anschlag produziert und klingt etwas übersteuert. dennoch das vielleicht geschmackvollste soul-süppchen der letzten zeit.“

6. Juni 2015

kein schlussakkord

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„nach freddie und albert ist im letzten monat nun auch der letzte king of the blues von uns gegangen. zeitlebens nicht unbedingt als chartbreaker bekannt, wurde b.b. king weltberühmt als unverwüstlicher live-künstler, der wie kein anderer mit dem publikum interagieren konnte. ich selbst hatte das vergnügen, king vor etwa zehn jahren auf einer seiner vielen abschiedstouren – damals zum 80. – auf einer niedersächsischen waldbühne zu sehen. einer der musiker begleitete den gealterten blues boy zu seinem stuhl, man reichte ihm ein handtuch und getränke. wie immer ließ er anschließend vornehmlich die kleine e-saite der gitarre erklingen, brachte sie zum singen und vibrieren – bis sie schließlich riss. dann zog er mitten in der show minutenlang und in aller seelenruhe eine neue saite auf, während seine backing-band schmissig weiter musizierte. er verzichtete übrigens auch an diesem abend weitgehend auf akkorde. und bestätigte damit ein gerne wiederholtes klischee. live zur rechten zeit und auf polycarbonat gebannt: seine berüchtigte aufnahme „live at the regal“ von 1965 – der prototyp einer b.b. king show mit songmaterial, das er auch knapp 50 jahre später noch intonierte. der könig ist tot: how blue can you get?“

10. Mai 2015

live zur rechten zeit

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„dass konzert-aufnahmen auf oklahoma – od’s outtakes bislang eher stiefmütterlich behandelt wurden, soll sich mit der losen folge „live zur rechten zeit“ ändern. und bietet gleichzeitig eine gute gelegenheit, an den im dezember verstorbenen joe cocker zu erinnern. gerade noch rechtzeitig ging der britische sänger 1970 mit einer groß(artig)en rock ’n‘ roll zirkustruppe um den musikalischen leiter leon russell auf die „mad dogs & englishmen“ tournee. mit „let’s go get stoned“ kündet ein lied auf dem zugehörigen live-album bereits von joe cockers persönlichem programm für die 70er jahre. als er anfang der 80er jahre mit hits wie „up where we belong“ wieder aus dem schlamassel auftauchte, war er immer noch ein großartiger interpret. doch von rebellischen auftritten wie in woodstock blieb vor allem das klischee des scherben gurgelnden barden. joe cocker hatte viele musikalische leben. eine zusammenfassung seiner ersten karriere als ungehobelter blues-, rock- und gospelsänger findet sich auf „mad dogs & englishmen“ – und das lebendiger produziert als die vorangegangenen studio-alben. wer den alten joe also bislang vorrangig aus striptease-lokalen oder deutscher bierwerbung mit einem grünen segelschiff kennt, kann hier zu neuen ufern aufbrechen.“

7. Dezember 2014

rock or bust und didi

verfasst in lost takes von oklahoma - od

„vor langer zeit – an youtube und co. war noch nicht zu denken – begab ich mich auf die suche nach dem lied „du, die wanne ist voll“ mit helga feddersen und dieter hallervorden. ich bekam den tipp: „stöbere doch mal in den kassetten-stapeln mit den radioaufnahmen aus den 80ern. da ist fast alles drauf!“ nach einigen tagen disco und neue deutsche welle stieß ich dann nicht etwa auf die „grease“-parodie, sondern auf „highway to hell“. schlagartig begriff ich den sinn des dreistelligen zählwerks am kassettenspieler und hörte das lied wochenlang in endlosschleife. originellerweise fehlten die letzten sekunden: ein übereifriger radio-dj? oder reklame? didi jedenfalls war vergessen. seit ein paar tagen steht nun mit „rock or bust“ ac/dcs neues studio-album zum verkauf. auf nicht wirklich lässige art rotzt die band in 35 minuten spielzeit elf songs vor die füße der geneigten hörerschaft. und auch die poppig-brachiale produktion brendan o’briens kann schließlich nicht verhindern, dass zumindest die geste verfängt: rock ’n‘ roll! was auch sonst. ach ja: jahre später tauchte die kassette mit helga und didi übrigens doch auf – sie lag gut versteckt im handschuhfach des elterlichen autos. zum glück, möchte man meinen. ich hab sie noch ein paar mal zurückgespult.“